Lernfabriken …meutern! Bildungsprotest-Konferenz an der Uni Essen
Schulen und Hochschulen stehen Proteste gegen soziale Ausgrenzung, Leistungszwang und Elitenproduktion bevor
18. bis 20. November (Essen): Dieses Wochenende versammeln sich 170 Schüler*innen, Student*innen, Lehrer*innen, Erzieher*innen und Auszubildende aus der ganzen Republik, um sich über die Missstände im deutschen Bildungssystem zu beraten und Proteste für den Sommer 2017 zu planen. Grund dafür sind die zunehmende Verwettbewerblichung und Ökonomisierung von Bildung. Diese führen dauerhaft zu einer Verstärkung der sozialen Ausgrenzungen im Bildungswesen.
Lia Blankenfeldt, von der Landesschüler*innenvertretung NRW, erklärt: „Zentralabitur, Lernstandserhebung und Schulzeitverkürzung um ein Jahr bei gleichzeitiger Verlängerung des Unterrichtstages erhöhen den Leistungsdruck auf Schüler*innen und Lehrer*innen. Sie haben zur Konsequenz, dass auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Lernenden nicht mehr eingegangen werden kann. Wer nicht der angelegten Norm entspricht, kommt unter die Räder. Solche Standardisierung hielten Einzug an den Schulen, um Schüler*innen besser nach den Leistungskriterien des Arbeitsmarktes einordnen zu können. Persönlichkeitsentwicklung, Kritikfähigkeit und demokratische Kompetenzen verlieren dadurch zunehmend an Bedeutung.“
An den Hochschulen spiegelt sich diese Standardisierungen von Bildung durch die sogenannten Bologna-Reformen wider. „Dabei zeigt sich mehr und mehr, was Standardisierung im Kern ist: Billige Massenabfertigung.”, so Ronja Hesse, AStA-Sprecherin der Uni Lüneburg. „Die Ökonomisierungstendenzen zeigen sich zudem an der zunehmenden Drittmittelabhängigkeit der Forschung und an politischen Projekten wie der Exzellenzstrategie. So werden Wissenschaft und Lehre kurzsichtigen wirtschaftlichen Zweckbestimmungen unterworfen. Diese unternehmerische Logik wird auch in den Debatten um Studiengebühren sichtbar. Zwar ist der Ausdruck ‘Studiengebühren’ inzwischen politisch verpönt, doch das wahrt nicht vor verdeckten Gebühren, die vor allem gesellschaftlich schwächere Gruppen treffen, wie die aktuelle Diskussion um Gebühren für nicht-EU-Bürger*innen in Baden-Württemberg zeigt.“
Die Konferenz in Essen dient dazu, gemeinsame inhaltliche und strategische Erklärungen zu diesen Entwicklungen zu erarbeiten und überregionale Koordinationsgruppen aufzubauen. Zudem werden lokale Aktionsgruppen und Bündnisse ins Leben gerufen, die den umrissenen Aktionsplan auch auf einer nachfolgenden Aktivierungskonferenz im März 2017 genauer bestimmen und weiter vorbereiten. Einerseits sollten mit der Auftaktkonferenz systematische Theoriearbeiten in Angriff genommen werden, andererseits sollen dauerhafte Organisationsmöglichkeiten aufgebaut oder weiterentwickelt werden.
„Die Mängel des Bildungswesens zeigen sich schon in der Ausbildung von Lehrkräften: Demokratisierung von Bildung und Inklusion werden angehenden Lehrer*innen fast gar nicht vermittelt. Das Ziel von Schule ist offensichtlich die Ausbildung von gut verwertbaren Arbeitskräften. Das ist auch daran erkennbar, dass Erzieher*innen und Grundschullehrer*innen absolut unterbezahlt sind. Wichtig scheinen vor allem die Elitenausbilder*innen an Gymnasien zu sein.”, so Katharina Koerfer, Lehrerin aus dem Organisationsteam der Konferenz.
Zeitgleich wird die Basisgewerkschaft unter_bau an der Uni Frankfurt gegründet, um prekäre Arbeitsverhältnisse an Hochschulen anzugehen. Damit steht dieses Wochenende im Zeichen des Widerstandes gegen Missstände in Bildung und Forschung.