Dass die schwarz-gelbe Koalition in Nordrhein-Westfalen plant, Studiengebühren für die Nicht-EU-Ausländer*innen und für das Zweitstudium einzuführen, ist seit dem Regierungswechsel im letzten Sommer bekannt. Alle weiteren Pläne wurden erst nach und nach bekanntgegeben und nun in einem Plan über die neuen Hochschulgesetzes gebündelt veröffentlicht. Was das Studium wohl am direktesten beeinträchtigen dürfte, ist die Aufhebung des Verbots von Anwesenheitspflichten.
Aufhebung eines Verbots klingt nach Freiheit, ist hier aber die Einführung eines Zwanges – zu Anwesenheit bei Lehrveranstaltungen. Anwesenheit ist eine gute Sache. Meistens lernen wir im Kontakt mit anderen viel mehr als alleine. Die Pflicht dazu macht ein Studium jedoch all denen deutlich schwerer, die nicht dem Ideal entsprechen: ausreichend finanziert und neben dem Studium keine weiteren nennenswerten Verpflichtungen oder Einschränkungen, sodass sie dem Studium die volle Aufmerksamkeit entsprechend eines Vollzeitjobs widmen können. Kaum jemand entspricht (noch) diesem Ideal. Ob nun ein Nebenjob nötig ist, die Studienzeit zu finanzieren, oder ein Kind oder eine andere Angehörige gepflegt werden muss, manchmal muss das zur Seminarzeit erledigt werden. Und auch wenn es nur wenige betroffen wären, sollte das keine Grund sein, dass diese kein Studium absolvieren können sollten. Ein Studium ist nun einmal kein Vollzeitjob. Da muss es durch unnötige Verpflichtungen nicht dazu gemacht werden, sondern sollte allen nach ihren Wünschen ermöglicht werden. Für diejenigen, die die entsprechende Zeit haben, alle Veranstaltungen jederzeit zu besuchen, ist die Pflicht dazu einfach nur eine Bevormundung, die der Entwicklung von kritischem und selbstständigen Lernen gegenübersteht.
Mit der erwähnten Aufhebung des Verbots will das Gesetz bzw. seine Macher*innen diese Diskussion ja nur an die Hochschulen holen und diesen die Freiheit geben, selbst zu entscheiden. Hier weist das LandesAStenTreffen (LAT) NRW jedoch darauf hin, dass diese Diskussion bereits unter dem aktuellen Gesetz an den Hochschulen stattfindet, wenn auch unter den Bedingungen, dass Dozent*innen begründen müssen, warum eine Anwesenheitspflicht in diesem speziellen Fall doch notwendig ist. Bei einer Aufhebung dieser Regelung und den derzeitigen (un)demokratischen Prozessen an den Hochschulen ist jedoch klar, dass die Professor*innen die für sie einfachere Variante durchsetzen werden, nach der es den Dozent*innen offen steht, Verpflichtungen einzuführen oder nicht.
Weitere Punkte in dem veröffentlichten Gesetzesentwurf sind unter anderem, dass diese undemokratischen Verfahren noch weiter verschärft werden. So ist die gleichberechtigte Mitbestimmung aller Statusgruppen lediglich eine Option für die Hochschulen. So kann jedoch keine Diskussion auf Augenhöhe um Themen wie die Anwesenheitspflicht oder die verbindliche Studienverlaufsvereinbarung stattfinden. Letztere soll nun neu eingeführt werden. Was dahinter stecken kann, ist noch nicht ganz klar. Immerhin gibt es auch wenige positive Aspekte in dem Gesetzesentwurf, wie den Wunsch nach besseren Beschäftigungsbedingungen und einer besseren Betreuung in der Studienberatung. Im Fall dieser Studienverlaufsvereinbarung soll eine nicht Einhalten jedoch womöglich auch zur Exmatrikulation führen können. Für einen Sinneswandel oder Normabweichung im Studium scheint hier kein Platz zu sein. Zuletzt ist noch hinzuzufügen, dass die Zivilklausel aus dem Gesetz gestrichen werden soll. Damit soll eine friedliche Ausrichtung der Hochschule insbesondere in der Forschung nicht mehr Teil ihrer Grundordnungen sein, bzw. auch hier wird die Entscheidung den Hochschulen und deren professoraler Mehrheit überlassen werden.
Nicht nur also, dass diese Regierung Studiengebühren nach dem Baden-Württembergischen Modell plant. Auch über eine Änderung des Hochschulgesetzes will sie die Hochschulen wieder exklusiver, undemokratischer und kriegsorientierter gestalten. Mit Lernfabriken …meutern! unterstützen wir die kommenden Kämpfe in NRW gegen diese Änderungen. Dass es welche geben werden, haben die Proteste gegen die Studiengebühren und die Aufregung, die dieser Entwurf bereits unter Student*innenvertretungen hervorgerufen hat, deutlich genug gezeigt.
Backlash in <span class="caps">NRW</span> — Schwarz-gelbe Hochschulpolitik führt in die Vergangenheit
- By Redakteur:in
- on 15. Februar 2018
- in Material
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