2018 wird ein Jahr der großen Streiks. Den Auftakt macht die IG Metall in der Metall- und Elektro-Branche. Aber auch andere Branchen blicken gespannt auf die Verhandlungen. Mit dem Thema Arbeitszeit hat die IG Metall ein Fass aufgemacht. Die Ergebnisse werden eine Signalwirkung für die anderen Arbeitskämpfe wie zum Beispiel im öffentlichen Dienst haben.1
Die IG Metall fordert das individuelle Recht für Arbeitnehmer*innen die Arbeitszeit für 2 Jahre auf 28 Stunden zu reduzieren. Nach 2 Jahren geht es zurück auf die 35 Stundenwoche. Das hieße ein automatischer Rückweg in die Vollzeit. Das ist vielen Teilzeitkräften bisher verwehrt. Zusätzlich fordert die IG Metall 6% mehr Geld, um die Belegschaft an den Rekordgewinnen zu beteiligen.
Damit sich die Absenkung der Arbeitszeit auch Beschäftigte mit niedrigerem Entgelt leisten können, soll es einen finanziellen Ausgleich geben. Wer kleine Kinder hat oder Verwandte pflegen muss, soll 200€ im Monat bekommen. Für niedrige Entgeltgruppen ist dies eine 100% Kompensation. Personen in besonders belastenden Arbeitszeitregimen, wie zum Beispiel Schicht, sollen bedingungslos 5 zusätzliche Freischichten im Jahr und 750€ Entgeltausgleich bekommen.
Forderungsentwicklung
Der letzte Gewerkschaftstag 2015, das höchste beschlussfassende Gremium einer Gewerkschaft, hat beschlossen, dass das Thema Arbeitszeit angegangen werden soll. Anfang 2017 wurde deswegen eine Befragung zu Arbeitszeitaspekten unter allen Mitgliedern durchgeführt. Diese Abfrage hat ergeben, dass von den Arbeitnehmer*innen in den letzten Jahren immer mehr Flexibilität erwartet wird: Mit Extraschichten, mobiler Arbeit und 24-Stunden Kontaktmöglichkeit haben die Arbeitgeber ihren Zugriff auf die Arbeitskräfte vergrößert und können sie genau nach Auftragslage steuern. Besonders Teilzeitkräfte und Schichter sind mit ihrer eigenen Flexibilität unzufrieden. Somit stand fest, dass in der Tarifrunde die Flexibilität für Arbeitnehmer*innen verbessert werden muss. Die Tarifkommissionen und der Vorstand der IG Metall haben dann die oben beschriebenen Forderungen entwickelt.
Ende 2017 wurde ergebnislos verhandelt. Die Arbeitgeber waren nicht bereit sich auf eine Arbeitszeitdebatte ein zu lassen. Sie haben sogar ein Gutachten erstellen lassen, dass die Forderung der IG Metall Beschäftigte diskriminiert, die bereits in Teilzeit sind und keinen Ausgleich bekommen. Das lässt sich natürlich einfach beheben, in dem diese die Ausgleichzahlung auch bekommen.
Um die Verhandlungen voran zu bringen ist die IG Metall mit dem Ende der Friedenspflicht im neuen Jahr in Warnstreiks getreten. bis zum 20.1. haben 600.000 Beschäftigte ihre Forderung auf die Straße getragen. Kommt es bis Ende Januar zu keiner Einigung, kommt es zu Streiks.
Die Arbeitgeber sprechen von einer Stilllegeprämie für Fachkräfte. Die IG Metall geht davon aus, dass eine selbstbestimmt flexible Arbeitszeitgestaltung die Attraktivität der Branche weiter steigern wird. Arbeitnehmer*innen sollen die Wahl haben nur noch an 4 Tagen die Woche zu arbeiten oder jeden Tag eine Stunde früher zu gehen. Aber auch eine Verblockung und zusätzliche freie Wochen sind denkbar.
Die Forderung bleibt somit hinter der Erwartung zurück, eine kollektive Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich zu fordern oder die Anzahl der Urlaubstage zu erhöhen. Einige Mitglieder hatten dies erwartet und auch manch eine Kommunikation lässt dies vermuten. Die aktuelle Forderung hat jedoch den Spagat geschafft und ist bei Mitgliedern, anderen Beschäftigten und Medien als modern akzeptiert. Für eine weitere Verjüngung und Attraktivität bei Bürobeschäftigten ist die IG Metall also auf einem guten Weg.
Weniger bekannt sind die weiteren Gesprächsthemen der IG Metall, die es nicht zum Status Forderung geschafft haben. Die IG Metall spricht in den Tarifrunden auch mit den Arbeitgebern zu den Themen Arbeitsverdichtung, Anpassung der Arbeitszeit im Osten (hier fehlt noch die kollektive Arbeitszeitverkürzung auf 35h) und einen Anspruch auf freie Tage vor Prüfungen für Auszubildende. Vor Zwischen- und Abschlussprüfung soll es je einen freien Tag geben, damit sich die Prüflinge voll auf ihre Prüfungen konzentrieren können und nicht voll aus dem Betriebstrott in die Prüfung stolpern. Gerade diese Themen zeigen, welche Probleme die Branche als nächstes angehen muss.
<span class="caps">IG</span> Metall Arbeitszeitdebatte — Was steckt hinter den 28 Stunden?
- By Redakteur:in
- on 24. Januar 2018
- in Material
1 Die Schwestergewerkschaft EVG hat für die Eisenbahner bereits einen Tarifvertrag mit Option auf mehr Urlaubstage 2016 abgeschlossen.
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