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Wissenschaft, Demokratie und bürgerlicher Staatsapparat
Juni 3, 2022 @ 19:00
Programm
Bitte unten anmelden!
Freitag, 3. Juni 2022
18:00 Uhr Abendessen
19:00 Uhr Begrüßung
20:00 Uhr Funktion von Bildung im kapitalistischen Staat
Alternativ: Organisierung an Bildungsinstitutionen- Lässt sich der Staatsapperat demokratisieren
Samstag, 4. Juni 2022
8:00 Uhr Frühstück
9:00 Uhr Athanasios Karathanassis: Regulationstheorie, Kapitalismen und die Frage der Bildung
Regulationstheorie, Kapitalismen und die Frage der Bildung
Abstract:
Die Regulationstheorie gilt einerseits als Theorie, die ihren “Kinderschuhen” nie entwuchs bzw. als bloßer theoretischer Ansatz. Andererseits wird sie als stringenter Anknüpfpunkt an die Marxsche Kritik der Politischen Ökonomie interpretiert oder als theoretisch bedeutendes Instrumentarium zur Analyse gegenwärtiger politischer und ökonomischer Zusammenhänge.
Neben den Fragen nach Hintergründen gesellschaftlicher Krisen und der Entwicklung von Wissenschaft und Bildung im Kapitalismus, stehen Fragen nach den Ursachen dieser Entwicklungen und notwendigen Alternativen im Fokus des Referats.
11:00 Uhr Norma Tiedemann: Feministische Staatskritik und Geschlechterdemokratie I
Schon 1995 stellte Eva Kreisky fest “Der Staat war und ist keine geschlechstneutrale Instanz” und es sei erstaunlich, dass die Beschäftigung mit ihm nicht “auch zwangsläufig zur Beachtung des (männlichen) Geschlechts hinführt” (S.87 in ihrem Text “Der Stoff, aus dem die Staaten sind. Zur männderbündischen Fundierung politischer Ordnung”). Auch 30 Jahre später ist diese Aussage wahr. Die hierarchischen Gechlechterverhältnisse bürgerlicher Gesellschaften sind tief in staatliche Apparate eingelassen und werden durch männerbündische Strukturen geschützt. Im Workshop werden wir uns grundlegende Begriffe feministischer Staatskritik erschließen, materialistische und post-strukturalistische Perspektiven feministischer Staatstheorie kennenlernen und nach den Möglichkeiten von Geschlechterdemokratie mit und gegen diesen Staat fragen.
Norma Tiedemann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet Politische Theorie der Universität Kassel und promoviert zu Staatlichkeit und munizipalistischen Bewegungen in Kroatien und Serbien.
13:00 Uhr Mittagessen
14:00 Uhr Norma Tiedemann: Feministische Staatskritik und Geschlechterdemokratie II
16:00 Uhr Antidemokratische Tendenzen an Hochschulen — Die Geschichte der Burschenschaften?
18:00 Uhr Abendessen
19:00 Uhr Moritz Zeiler: Materialistische Staatskritik
Eugen Paschukanis “Allgemeine Rechtslehre und Marxismus“ zählt in den 1920er Jahren zu den ersten Beiträgen einer Formanalyse des Staates im Kapitalismus. Ausgehend von einer Lektüre des „Kapital“ von Karl Marx formulierte Paschukanis Thesen zum Zusammenhang von Warenform, Rechtsform und Staatsform. Jahrzehnte später knüpften Marxist*innen in ihren Analysen des kapitalistischen Staats an diese Thesen an. Johannes Agnoli beteiligte sich an diesen Debatten und formulierte mit „Die Transformation der Demokratie“ eine linke Kritik des Parlamentarismus, die in der außerparlamentarischen Linken intensiv diskutiert wurde. Im Workshop werden Auszüge von Paschukanis, Marx und Agnoli gemeinsam gelesen und diskutiert.
Sonntag, 5. Juni 2022
8:00 Uhr Frühstück
9:00 Uhr Moritz Zeiler: Materialistische Staatskritik
9:00 Uhr Hannes R.: Kritik an Noten und Prüfungen (Dieser Slot ist flexibel)
Im Workshop werden wir nach einer kurzen Einführung in die Geschichte, Funktion und Kritik von Noten und Prüfungen verschiedene aktuelle Alternativen zur herkömmlichen Bewertungspraxis kritisch beleuchten. Untersucht und diskutiert werden soll im Speziellen, in wie weit alternative Praxen tatsächlich emanzipatorischen Charakter erkennen lassen bzw. an welchen Stellen sich diese eventuell auch in den Dienst eines neoliberalen Umbaus des Bildungswesens und der Schulen stellen.
11:00 Uhr Bildung und Kapitalismus — Ein Spannungsverhältnis
parallel: Selbstorganisierung im politischen Kontext
13:00 Uhr Mittagessen
14:00 Uhr Politische Strategien
16:00 Auswertung
16:30 Uhr Abreise
Folgende Themen können optional geteamt werden: Bildung und Kapitalismus, Kursorischer Überblick: Demokratie-Theorie, Lesekreis kritische Theorie, Impulsreferat und moderierte Diskussion: Linker Populismus — Was ist das und wollen wir das überhaupt? -> Da der Terminplan sehr voll ist können wir realistischerweise nur 1–2 von diesen Angeboten einbringen.
Inhalt
Bildung und Wissenschaft werden in der Moderne als Garanten von Aufklärung und Emanzipation verstanden. Mit ihnen sind Fortschrittsversprechen verbunden, die im Wachstum von Produktivkräften und dem sichtbaren Reichtum der frühen Industrienationen ihren Ausdruck finden. In der bürgerlichen Gesellschaft ist sozialer Aufstieg, sowohl individuell als auch kollektiv, mit Wissen verbunden. Aufklärung und die rationale Modernisierung der Wirtschaft standen Pate bei der Gründung der modernen Gesellschaftsform.
Entsprechend fördern moderne Staaten, wie auch Konzerne und private Stifter Bildungs- und Wissenschaftsinstitutionen. Fraglich ist aber seit jeher, welchen Einfluss sie auf die Inhalte, Methoden und Zwecke der Bildungs- und Wissenschaftsprozesse haben. Es ist naheliegend, dass Herrschaftsinteressen die objektive Funktion staatlich, wie auch privat organisierter Bildung bedingen. Die emanzipatorische Bestimmung von Aufklärung gerät dadurch ins Hintertreffen.
Die Symptome dieser Entwicklung treten deutlich zu Tage: Schulen und Universitäten verteilen ökonomische Zugangsberechtigungen und legitimieren eine klassenförmige Wirtschaftsweise. Sie nehmen sich des Auftrages an, produktive Arbeitskräfte auszubilden und wirtschaftliche Innovationen vorzubereiten. Weniger prominent setzen sich diese Institutionen damit auseinander, ob die zeitgenössische Wirtschaftsform menschliche Bedürfnisse wirklich befriedigen zu vermag. Insgesamt befassen sich Schule und Universität auffällig wenig mit dem Zusammenhang von Herrschaft, Ausbeutung, Unterdrückung, Naturzerstörung und der modernen Wirtschaftsweise. Vielmehr wird seit Beginn der industriellen Revolution begeistert nach Ingenieur*innen, Techniker*innen und Naturwissenschaftler*innen gerufen. Als sei die Emanzipation eine rein technische Angelegentheit. Kolonialismus, Weltkriege und massenhafte Verarmung scheinen keine größere Skepsis gegenüber diesem “Fortschritt” auszulösen. Nicht einmal Shoa und menschengemachte Naturkatastrophen scheinen den Blick dafür zu eröffnen, dass Technik auch Destruktionskräfte freisetzen kann. Das Wissen über die Natur ist nicht einfach neutral und harrt einer “richtigen” Anwendung. Schon Zielsetzung und die darausfolgende Art, wie sie zum Gegenstand der Forschung gemacht wird, entscheidet über die Forschungsergebnisse.
Sind die Forschungs- und Bildungseinrichtungen Teil einer Massendressur? Mitnichten! Die naturwissenschaftliche Methodenstrenge, der Wunsch endgültige, objektive Kenntnisse zu erlangen, machen sich noch immer verdient. Die frühbürgerliche Wahrheitssuche ist nicht erloschen und sträubt sich gegen die herrschaftsinteressierte Vereinnahmung. Nur wäre es naiv zu glauben, Wissenschaft sei “frei”, “wertneutral” oder “objektiv”. Sie ist eingebunden in gesellschaftliche Interessenlagen. Diese müssen offengelegt werden und selbst zum Gegenstand der Erforschung werden. Fraglich ist darüber hinaus, wie Bildung und Forschung institutionell konfiguriert werden müssen, um ihren Vernunftsansprüchen gerecht zu werden, und nicht zu zweckrationaler Auftragsforschung oder arbeitsmarktkonformer Ausbildung zu degenerieren.
Wir vermuten, dass Wissenschaft und Bildung demokratisiert werden müssen, um die widersprüchlichen Interessen und Bedürfnisse überhaupt wahrnehmen und bearbeiten zu können. Eine rationale Durcharbeitung ideologischer Anschauungen und Interessen, die die moderne Wissenschaft begründen, kann nur gelingen, wenn Kritik gefördert wird. Dazu muss die scientific community sozial geöffnet werden. Gleichzeitig müssen die gesellschaftliche Arbeitsteilung, unbewusste Interessenlagen, die reale Nutzung von Forschungsergebnissen und die begriffliche Fundierung von Forschung, in die wissenschaftliche Arbeit einbezogen werden.
Organisatorisches:
Die Veranstaltung richtet sich an alle Beteiligten im Erziehungs‑, Bildungs- und Wissenschaftssystem: Studierende, Auszubildende, Schüler*innen, Lehrkräfte, Pädagog*innen, Sozialarbeiter*innen und Wissenschaftler*innen. Die Workshops und Vorträge sind so konzipiert, dass sie verschiedene Kenntnisstände bedienen. Einge Slots haben Einführenden Charakter andere stellen Vertiefungen dar, sodass für jede*n etwas dabei ist.
Für Unterkunft und Verpflegung ist gesorgt. Teilnahmegebühren werden nicht erhoben. Allerdings sind wir auf Spenden angewiesen, wenn ihr also in einer Studierendenvertretung oder Gewerkschaft seid, freuen wir uns auf finanzielle Unterstützung von eurer Orga. Wenn ihr euch die Fahrtkosten nicht leisten könnt, unterstützt euch das Bündnis solidarisch. Gebt dieses Bedürfnis bitte bei der Anmeldung an.
Studierende sind aufgerufen ihre Immatrikulationsunterlagen hochzuladen. Das ist für unsere Abrechnung leider sehr wichtig. Andere Gruppen müssen dies selbstverständlich nicht tun. Sie können stattdessen ein Bild hochladen, dass einen Missstand im Bildungswesen veranschaulicht.
Falls es Probleme mit dem Formular gibt: info{äd}lernfabriken(strich)meutern(dot)de
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