Am 9. Mai startete der Film CaRabA in den Kinos. Dem dazugehörigen Hashtag zufolge geht es darin um ein #LebenOhneSchule. In der Diskussion mit Machern des Films, die am 15. Mai in einem bremer Kino stattfand, wurde jedoch von diesen betont, dass es nicht um eine Welt ohne Schule geht sondern nur um eine Welt ohne Schulpflicht. Dementsprechend werden in dem Film verschiedene Leben ohne Schule vorgestellt. Fünf verschiedene Kinder und Jugendliche, die jeweils ihre persönlichen, berufstechnischen oder familiären Orientierungsprobleme haben, bewältigen ihren Alltag ohne Schule (im herkömmlichen Sinne).
Dabei wird deutlich, was alltägliche Bildungsmomente außerhalb von Institutionen bereits sind und wie diese in einer utopischen Welt aussehen können. Wenn beispielsweise der Sohn des Taxifahrers den Fahrgast mitten im Telefongespräch fragt, was denn der ‚Spesenkönig‘ sei, über den dieser gerade im Telefonat gesprochen hat, dann hat das einerseits etwas Alltägliches und andererseits etwas Utopisches. Eine so kinderfreundliche Welt sieht auf einmal so einfach aus.
Der Film eignet sich also auf jeden Fall gut, skeptischen Menschen die Machbarkeit einer besseren (Bildungs)welt vorzustellen, die auch funktionieren kann. Dabei werden allerdings gerne auch die Klischees der Skeptiker*innen bedient, wenn die Probleme dieser Welt angedeutet werden. Schlechte Rechtschreibung ist ein häufiges Thema und auch die Mathematikkenntnisse eines Jungen sollen erschreckend (mal sind 8€ 4 Eiskugeln, mal 200€ eine Eiskugel). Aber auch andere mögliche Probleme werden angesprochen. Wenn Neunjährige z.B. spontane Kurzpraktika machen, kann das gesundheitliche Probleme von Pflegebedürftigen zur Folge haben. Auch scheint Kinderarbeit verbreiteter zu sein. Und immer noch kommen nicht alle Kinder aus den reichsten und bestbehüteten Verhältnissen. In dieser kinderfreundlichen Welt ist das jedoch kein langfristiges Problem. Diese Jugendliche, auch wenn sie gerade erst anfangen, schreiben zu lernen, kommen leicht in Kontakt mit fremden Erwachsenen, die ihnen Praktika vermitteln. Natürlich keine Praktika mit Kaffe-Kochen, sondern eher romantische Handwerksausbildungen, in denen jeder Handgriff gezeigt wird.
Der Film präsentiert auch ein bisschen bildungspolitische Struktur: Das ‚Bundesministerium für freie Bildung‘ betreibt nun eine ‚Keimzelle‘, in der freiwillig Kurse besucht werden können. Ob die Coaches und Ausbildungspraktika auch von dieser Behörde unterstützt werden, kommt im Film nicht raus. Es kann auch einfach sein, dass in der Postschulischen Welt nicht nur die Schule mit ihrem Zwang, sondern auch die Arbeit mit ihrem Stress abgeschafft wurde. Es ist wirklich bezaubernd, wie sich die Erwachsenen immer wieder um fremde Kinder kümmern.
Besonders zum Ende des Films wird deutlich, wie sehr diese bezaubernde Welt allerdings von einer bürgerlichen Vorstellung geprägt ist, alle könnten alles erreichen, wenn sie nur die Freiheit und passende Anregung dazu haben. Der Twist, wie diese bezaubernde Welt entstanden ist, kommt im Film Stück für Stück heraus und findet sein Finale im Rückblick auf ein Verfassungsgerichtsurteil. Die vorgestellte Begründung wurde von Jurist*innen geschrieben und wird derzeit von Freilerner*innen vorangetrieben. Ob jedoch alleine die Abschaffung der Schulpflicht tatsächlich eine solch bezaubernde Welt erschaffen kann, bleibt zu bezweifeln. Die Gefahr besteht, dass durch eine weitere Verfreiheitlichung der Bildungskarriere die Ungleichheiten in der Gesellschaft noch weiter zunehmen.
Dennoch bleibt ‚CaRabA‘ ein Film zum Erträumen einer besseren Welt und zum Anregen einer Diskussion darum, was Bildung tatsächlich ist und was Bildungspolitik (auch verpflichtend) zu bieten haben muss. Derzeit geht der Film auf Tour durch deutschsprachige Lande. Holt auch eine Vorführung in eure Stadt und regt eine kritische Diskussion an. https://www.caraba.de/kino/
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