Die aktuelle COVID-19-Pandemie bedeutet für die universitäre Lehre eine große Herausforderung und zeigt noch einmal deutlich, dass die soziale Lage vieler Studierender prekär ist. Laut der 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks — aus dem Sommer 2016 — gehen 68% der Studierenden einem Nebenjob nach, um ihr Studium zu finanzieren. Und 59% der erwerbstätigen Studierenden geben an, dass ihr Nebenjob für ihren Lebensunterhalt notwendig ist. Doch gerade diese Nebenjobs sind durch die Coronakrise bei 40% der Studierenden ersatzlos weggefallen, was zu Existenznöten führt. Viele Studierende wissen nicht mehr, wie sie ihre Miete und ihren Lebensbedarf bezahlen sollen. Hinzu kommt: Studierende haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, Grundsicherung und andere Transferleistungen und viele bekommen auch kein Bafög. Was bleibt ist die Wahl zwischen Studienabbruch oder Verschuldung. Mit Bildungsgerechtigkeit hat das nichts mehr zun tun!
Deshalb muss den Studierenden endlich geholfen werden, aber das Problem scheint nicht ernst genommen zu werden: Die “Überbrückungshilfe” der Bildungsministerin Karliczek sieht hoch zu verzinsende Kredite und viel zu kleine Mini-Nothilfefonds vor.
Einmal in Kurzform: Studierende, die einen Kredit wählen, können nur 650€ im Monat bekommen, die Zinsfreiheit des Kredits gilt nur bis zum nächsten Jahr und die Rückzahlung muss meist schon während des Studiums beginnen — es ist zu wenig, zu hoch verzinst, ungerecht und starr. Wer dagegen den Mini-Nothilfefond beantragt, bekommt maximal 500€ und darf insgesamt nicht mehr als 500€ auf dem Konto haben, muss jeden Monat neu beantragen und kann nur zwischen Juni und August Geld bekommen — das kommt zu spät, ist viel zu wenig, ist ungerecht und zu bürokratisch.
Auf der anderen Seite führt die Corona-Krise zu einigen Problemen in der Semestergestaltung: Die Hochschulen sind nicht auf eine flächendeckende Umstellung auf digitale Lehre eingestellt gewesen. Das zeigt sich nicht nur in den Defiziten bei der Qualifikation der Lehrenden und der fehlenden digitalen Infrastruktur an den Hochschulen, sondern auch darin, dass vielen Studierenden die technische Ausstattung und die erforderliche Internetverbindung für eine erfolgreiche Teilnahme an der Online-Lehre fehlen. Hinzu kommt außerdem, dass die Betreuungseinrichtungen für Studierende mit Kind geschlossen sind, was für die Betroffenen zu einer Doppelbelastung führt.
Und nicht nur für die Studierenden, sondern auch für die Beschäftigten an den Hochschulen ist die aktuelle Situation eine Ausnahmesituation. Auch die Lehrkräfte und andere Mitarbeitende an den Hochschulen stehen mitunter vor existenziellen Problemen: Befristete Arbeitsverträge, Forschungs‑, Verwaltungs- und Lehrprojekte laufen aus, es kommt zu hohen zusätzliche Arbeitsbelastungen durch die Digitalisierung und Lehraufträge auf Honorarbasis fallen teilweise weg — das alles geht zu Lasten der Lehre.
Deshalb fordern wir ein Solidarsemester 2020! Dabei müssen Studierende endlich ernst genommen und in den Planungsprozess von Hochschulen, Bund und Ländern einbezogen werden.
Es geht um: Unbürokratische Soforthilfen für Studierende, Existenzsicherung, Forschungsforderung und eine Entlastung des Leistungsdrucks und vor allem um eine gemeinsame solidarische Lösung — damit die COVID-19-Krise nicht zu Bildungskrise wird!
Das Bündnis Solidarsemester ruft deshalb am 20. Juni 2020 um 14 Uhr zu einer Demonastration in Berlin auf. Startpunkt ist der Hauptbahnhof (Washingtonplatz) unter dem Motto “Eine Milliarden für eine Millionen — Studi-Hilfe jetzt!”.
Einen weiterführenden Überblick zum Solidarsemester ist auf der Homepage des Bündnisses Solidarsemester zu finden: https://solidarsemester.de/.
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